Kurzgeschichte: Ruhm und Ehre
Erstellt 2012-06-28 10:30:05 von Maxdmg
Wir befinden uns am Nachtfeuerpass, Stätte der berühmten Brauerei Bugmans und strategisch wichtiger Verbindungsweg zwischen Weltrandgebirge und dem Imperium. Zwerge und Menschen haben sich verbündet, um ein gewaltiges Heer von Günhäuten zurückzuschlagen, dass raubend und brandschatzend in die alte Welt hereinbrechen wollte. Schwer bedrängt haben sich die Streitkräfte der Allianz in die Festung Gnol Baraz zurückgezogen und mühten sich in starker Unterzahl, die Angreifer mit heissem Öl und einem Pfeilhagel in Schach zu halten.
Wenden wir uns einen Augenblick von dem Knirschen der Belagerungsmaschinen, den einschüchternden Kriegsschreien der Grünhäute und dem Wehklagen der verwundetenen Verteidiger ab - hin zu einem spärlich bewaldeten Arreal des Passes, in dem noch etwas Ruhe herrschte und die Vöglein noch zwitscherten...
Eine schlacksige Gestalt machte sich hinter einer Hügelgruppe an einem länglichen Stück Holz zu schaffen, das er hinter sein Bein geklemmt hatte. Das Holz bog sich und nach einigen geübten Griffen war der Bogen gespannt. Die Gestalt starrte erst finster auf den Höhleneingang und dann auf den Lulatsch, der sichs neben ihm auf dem Gras gemütlich gemacht hatte, ein Grashalm im Mund und einen Stab neben ihm, der offenbar achtlos auf die Erde geworfen worden war. Im ägerlichen Flüsterton herrschte Storky seinen Kumpanen an:"Modween! Raff dich zusammen und halte die Augen offen! Das kann unmöglich die ganze Streitmacht gewesen sein, die plündernd Richtung Gnol Baraz gezogen ist. Ich habe so ein Gefühl, dass eine Nachhut einen dieser alten Skaventunnel benutzen wird. Diese Orcs und Goblins sind nicht intelligent genug, um einen Angriff dieser Finesse alleine geplant zu haben. Es würde mich nicht wundern, wenn im Hintergrund ein Auserwählter des Chaos die Fäden zieht und sich noch zeigt, um die Früchte der Arbeit zu ernten."
"Storky, du hast eine lebhafte Fantasie. Wir warten jetzt schon einen halben Tag vor diesen vermaledeiten Erdlöchern. Du wirst vielleicht einen Maulwurf erlegen können, ich bezweifle allerdings, dass dieser sehr schmackhaft ist. Lymbeas Kätzchen hat schon Hunger. Wo ist sie überhaupt?"
"Hmm, keine Ahnung. Wahrscheinlich ist ihr der Löwe mal wieder entlaufen."
Plötzlich hörten sie Geräusche aus der Höhle und bezogen eiligst Stellung hinter einem Gebüsch. Ein gutturales Knurren war zu hören, und die Nackenhaare der beiden Elfen stellten sich auf, als die Klänge einer eigenartigen und schmerzhaft anzuhörenden Sprache zu vernehmen waren. Sie konnten bereits die Umrisse zweier Gestalten ausmachen, mit Dolch und Stab bewaffnet, eine mit einem seltsam glühenden Totenschädel in der Hand, die andere schien auf einer Art Schild zu schweben, der je länger man hinsah, ein eigenes, pervertiertes Leben zu besitzen schien und in ständiger Bewegung war. Die zwei Elfen mussten tief schlucken. Aber auch die Kreaturen, die die Erde ausgespuckt zu haben schien hielten inne. Fast wirkte es, als wären sie einen Augenblick von der Sonne geblendet. Dieses Zögern fegte den letzten Zweifel von Modween und Storky hinweg. In nicht mehr als einem Augenaufschlag währenden Moment setzten sie sich in Bewegung und durchlöcherten die Gestalt mit dem Totenschädel mit Pfeilen und Lichtstrahlen, die ungläubig unter Geröchel zusammenbrach. Die schwebende Gestalt macht sich daran, davonzugleiten wurde aber mit einem gezielten Schuss von der Scheibe gefegt und in einem kurzen aber intensiven Zauberduell von Modween besiegt.
Die beiden Gefährten grinsten breit und gratulierten sich zu ihrem gelungenen Überraschungsmanöver als sie in einiger Entfernung ein wütendes Brüllen vernahmen. "Lymbea!!" Mit großen Schritten liefen sie durch die Bäume. Nur dann und wann verharrten sie, um nach zertampelten Laub und abgenickten Ästen Ausschau zu halten. In einer Lichtung schließlich sahen sie die schlanke, gestählte Elfin am Boden liegend, die Kettenrüstung an einigen Stellen aufgesprungen, das Licht, das vom hoch zulaufenden Helm reflektiert wurde, blitzte auf an den Stellen, die noch nicht von schwarzem und roten Blut besudelt waren. Über sie gebeugt stand ein verhasster Dunkelelf mit einem unheiligen Gral erhoben, einen unablässiger Singsang rezitierend. Neben Lymbea lag ein eine bis auf einen Schurz unbekleidete Gestalt mit alabasterfarbener Haut, übel zugerichtet von Bisswunden. "Schnell" hisste Modween, "er vollführt ein verderbtes Ritual. Wir dürfen es ihn nicht vollenden lassen." Mit einem schnellen Pfeilschuss zwang Storky die Gestalt in die Knie. Die Gefährten stoben auseinander als der Acolyth mit gezogenem Schwert wütend auf sie zustürmte. Nach einem Hagel von Pfeilen und Sprüchen der ständig in Bewegung bleibendend Kameraden brach der Feind endlich zusammen. Mit gesenktem Kopf näherten sich die beiden der Gefallenen. Modween beugte sich herab und sein Gesicht hellte sich auf. "Es ist noch etwas Leben in ihr. Meine Magie kann ihr vielleicht noch helfen." Er verstreute einige Blätter aus seiner Gürteltasche auf ihre Wunden und ein helles Licht breitete sich aus, Tatsächlich schlug Lymbea ihre Augen auf und Storky stiess ein Schrei der Erleichterung aus. Lymbea sprang auf die Füsse und warf ihren Helm nach den verdutzten Kameraden. "Ihr treulosen Nichtsnutze! Wo wart ihr die ganze Zeit!!". Schließlich konnten sie alle wieder lachen - ein Lachen das ihnen im Halse stecken blieb als ein Horn ertönte. Zwei Zwerge, die Helme verbeult und die Rüstung aufgerissen, liefen ihnen, etwas humpelnd, entgegen. "Ihr Narren! Sie haben Gnol Baraz eingenommen. Flieht, die Horde kommt über euch."
Völlig verdutzt starrten die Gefährten den zwei Zwergen nach, die sich über die Lichtung quälten. Storky schirmte seine Augen vor der brennenden Sonne ab und blickte angestrengt Richtung Westen. "Seht ihr die Staubwolke? Hört ihr das Getrampel?" In dem Moment sprang ein stacheliger Ball aus den Büschen und offenbarte ein Maul mit Reihen von messerscharfen Zähnen, die sich tief in den Arm von Storky gruben...
Ein Schleier legte sich über den Waldboden und über die Augen der Gefährten und als sie wieder die Augen öffneten, war ihnen, als wären sie aus einem langen Traum erwacht. Sie lagen auf steinigem Boden und ein Zwerg, der neben ihnen stand, murrte in brüchigem Allgemein:"Sieh an die Spitzohren sind aufgewacht. Ihr habt Glück gehabt, die Truppen haben euch beim Rückzug aufgelesen. Ehrlich gesagt hätte ich nicht gedacht, dass so klapprige Gestalten wie ihr nach diesem Massaker nochmal die Augen aufschlagen werdet." Um sie herum herrschte geschäftiges Treiben, als Palisadenzäune errichtet wurden und eine Traube an den Rand der provosorischen Befestigung drängten. Menschen, Elfen und Zwerge standen unter Bannern, den Blick in die Ferne gerichtet, als sich ein Mensch in makelloser Rüstung räusperte. "Das Gebiet ist verloren..". Ein anderer Mensch in flammenroten Roben, erwiderte: "Aber wir haben überlebt und man wird Lieder diese Schlacht, über uns und unsere Heldentaten singen." Ein missmutiger Zwerg musterte die zwei Menschen, deren imposante Erscheinung keinerlei Spuren eines Kampfes aufwies. "Ich habe euch nicht an der Front gesehen...". Der Ritter überspielte die Bemerkung mit einem Räuspern. "Das Imperium ist ungeschützt! Die Grünhäute werden bald durch den Pass brechen! Sattelt auf, wir werden an anderer Stelle gebraucht. Schickt Nachricht an die Hauptstreitmacht. Ruf..ähh Ruhm und Ehre erwartet uns!" Die Ansprache verfehlte ihre Wirkung nicht und der Tross setzte sich in Bewegung.