Regelmäßigen Lesern dieser Seite ist vielleicht bereits aufgefallen, dass ich, als Seitenbetreiber, sehr wenige Kolumnen schreibe. Dies hängt mit meiner Auffassung zusammen, dass ich durch anderweitige Texte bereits zur Genüge meinen Stempel in Diskussionen aufdrücke und nicht das einzig vorherrschende kommunikative Element sein möchte, denn dies würde dem Gedanken einer Community-Plattform entgegen stehen. Heute breche ich mit dieser Regel ausnahmsweise um einen Einblick darin zu geben, was meiner Meinung nach der Grund für eine Vielzahl der Diskussionen ist. Dabei liegt mein Fokus nicht darauf WAR oder gar Mythic zu verteidigen, sondern einmal ungeschönt meine Gedanken und Gefühle zu aktuellen Entwicklungen zu teilen. Die Ursache und Lösung der meisten Konflikte ist im Kern die Kommunikation. Wir sprechen über ein Thema, weichen dabei in den Interpretationsschemata voneinander ab und reden damit sprichwörtlich aneinander vorbei. Der Weg aus der Misere ist es, einen Schritt zurück zu gehen, die eigenen sorgfältig einstudierten Verhaltensmuster zu hinterfragen, den Fehler in der routinierten Denkweise zu finden und darauf das argumentative Kartenhaus Schicht für Schicht neu aufzubauen. Ich habe in der Vergangenheit viel über Warhammer Online, ein Begriff der seit Ankündigung von Wrath of Heroes als Bezeichnung für eine IP und nicht mehr als Titel für nur ein einzelnes Spiel Verwendung findet, nachgedacht und bin nach wie vor – und das auch nach ungezählten Beleidigungen und verbalen Exorzismen – der Auffassung, dass die Aussage eines Spielers in ihrem kleinsten Kern ein Fünkchen Wahrheit in sich trägt. Aus diesem Grund wird im unternehmerischen Umfeld auch immer wieder betont, dass man seine Kunden (in unserem Fall die Spieler) ernst nehmen muss. Der Film „Inception“ hat uns gelehrt, dass der kleinste Teil eines Gedankens ein Gefühl ist, welches über die Zeit reift und wächst. Was aber ist das Gefühl hinter einer Vielzahl der Meinungen von WAR-Spielern die auf Wrath of Heroes oder gar den kommenden Release von Star Wars: The Old Republic, beides Spiele bei denen Electronic Arts als Publisher fungiert, schauen?

Sorge – Angst – Frustration

Man muss kein Raketenwissenschafter sein um zu sehen, dass irgendetwas bei WAR schief gelaufen ist. Dabei bitte ich um Verständnis, dass ich mir jetzt einfach die tausendfach wiederholten Analysen, welche nach all den Jahren bereits den Status einer Binsenweisheit erreicht haben, erspare und in der Gegenwart beginne. Schaut man als Spieler auf die Patch Notes – man nehme sich dazu irgendeine Version ab 1.4.1 – dann fällt einem zwangsläufig auf, dass unnötige Extras dabei überproportional vertreten sind. Mal ganz im Ernst: Natürlich habe ich mir bisher jede erwerbbare Kontofreischaltung gekauft. Das geschieht aus dem Antrieb eines Sammlers heraus und ich bin in der glücklichen Situation, über jedes bisher erhältliches Goodie auf meinem Benutzerkonto zu verfügen. Wenn ich jedoch einen Schritt zurück trete und über die monetäre Investition für das kommende Personality Pack 3 nachdenke, muss ich mich zwangsläufig Fragen, was um alles in der Welt mich dazu veranlasst 10 EUR für etwas auszugeben, das teils verbuggt ist, im PvP verschwindet und im Zweifelsfall in der Masse untergeht. Zu dieser Erkenntnis gekommen mache ich mich weiter auf die Suche nach Gründen für meine Motivation und ich bekomme Angst vor mir selbst. Was zur Hölle reitet mich eigentlich Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat und – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – Jahr für Jahr in dieses Spiel einzuloggen, dort Geld auszugeben und den immer gleichen Abläufen zu folgen? Zwangsläufig muss man bei solch einer Betrachtungsweise Frust entwickeln, welcher sich irgendwann alles überlagernd im Kopf festsetzt.

Die Routine in der Tieflandebene

Lange Zeit sollte diese Abhandlung im Kern die Aussage tragen, dass WAR zu flach ist und nur aus diesem Grund überhaupt Ängste innerhalb der Spielerschaft entstehen können, dass es durch Wrath of Heroes ersetzt werden könnte. Jedoch würde ich mich mit solch einer Aussage selbst Lügen strafen. Ich glaube nicht das WAR zu oberflächlich ist – natürlich: mit einem Dark Age of Camelot oder gar einem Sandbox-Game wie EVE kann man die Spielmechanik nicht vergleichen, aber es ist für seine Zielgruppe, den MMO-Spieler 1.5, konzipiert und muss damit andere Bedürfnisse erfüllen – ein Balanceakt zwischen Geschwindigkeit (sowohl wörtlich als auch konzeptionell) und Komplexität. Das Problem ist die Routine die sich einstellt. Eigentlich sollen Spieler durch die immanente Karotte, welche an einem Stock vor ihren Augen aufgehängt wird, das Blickfeld des Spielers einschränken und ihn voran treiben. Diese Karotte ist die Versinnbildlichung des Ziels, welches ein Spieler vor den Augen haben soll. Lange Zeit war das endgültige Ziel die Erlangung des maximalen Rufrangs – 80 – hatte man es erreicht, durfte man sich groß und übermächtig fühlen und gemeinsam mit einer Elite in den Kampf gegen den großen Feind ziehen - ein überragendes Gefühl, für das so mancher am Sonntag um 4 Uhr morgens aufstand und vor den Rechner kroch. Heute erstellt man einen neuen Charakter, meldet für Szenarien an und begibt in sich Richtung des Nordland T1 Gebietes. Ist man diesem entwachsen, begibt man sich in das T2, sucht nach Gegnern im oRvR und grindet, für den Fall das nichts los ist, Ratten – Szenarien gehen eh keine auf. Im T3 geht das Spiel weiter, wobei man tunlichst versucht noch mindestens Rufrang 70 zu erreichen bevor man Level 40 erreicht, damit der Schock bei der Ankunft im T4 nicht ganz so groß ist. Im T4 angekommen freut man sich zunächst über die wieder vorhandenen Szenarien, wirft vorsichtig einen Blick ins oRvR und erfarmt sich seine Ausrüstung. Die Grundüberarbeitung der Hauptstadtkämpfe wurde mit der Begründung durchgeführt, dass es ein Paradoxon ist, wenn in einem PvP-Spiel der Endcontent aus PvE besteht. Mittlerweile gibt es keinen Endcontent mehr – außer man möchte das T4 als solches bezeichnen. Die Frage die man sich stellen muss ist, was besser ist: PvE im klassischen Sinne oder PvE in leeren Hauptstadt- und Skaveninstanzen. Dieses Problem wird nur verstärkt durch die Tatsache, dass mit der Zeit mehr und mehr Spieler das höchste Rüstungsset erreichen werden und diese früher oder später weniger Interesse daran zeigen, Gruppen oder gar Kriegstrupps aufzubauen.

Trial and Error

Jeder Unternehmer weiß, dass man seine Zielgruppe kennen und wissen muss, wie man diese zufrieden stellen kann. Ein Unternehmen das ständig hin und her springt, seine öffentliche Darstellung fortlaufend ändert oder gar quartalsweise inkrementelle Arten der Dienstleistungsführung verändert, das wird von seinem Kunden irgendwann nicht mehr ernst genommen. Mythic stagniert gefühlt seit Patch 1.4. Vorher gab man sich alle Mühe dabei, sämtliche Kernaspekte des Spiels umzukrempeln, die eigene Herangehensweise an Dinge anzupassen und das Länder der Toten Debakel irgendwie hinter sich zu lassen – und jetzt? Klar, es werden Veränderungen an den Klassen gemacht und die Festungen kommen mit einem Reliktsystem zurück, aber was ist der langfristige Plan für WAR? In Zeiten in denen mittelfristig mehrere AAA-MMO-Veröffentlichungen ins Haus stehen muss man seinen Spielern schon eine Perspektive bieten. Subjektiv gesprochen haben das auch fast alle Entwickler der Branche verstanden – wobei das Gras auf der anderen Seite des Zauns natürlich immer grüner ist – schaut man sich die Kommunikation von Mythic an, dann erfährt man jedoch nur was sie nicht können. Als Spieler will ich sehen wie die übergeordnete Richtung meines Unternehmens ist. Fehlt das ist es nicht verwunderlich, dass viele Spieler sich an der Nase herumgeführt fühlen – die Community bettelt darum etwas zu haben, auf das sie blicken und sich freuen kann, stattdessen nur leeres Schweigen. Als Site Manager muss ich mir ständig die Frage stellen, was ich als nächstes auf die Beine stellen kann und wie ich die Aktivität auf meiner Plattform am laufen halte – wäre es für die Communitybetreuung eines Spieleentwicklers nicht auch die Aufgabe Konzepte für soetwas zu erstellen und diesen dann entsprechend zu folgen? Schaut man sich die öffentliche Kommunikation von Mythic etwas genauer an, dann fühlt man sich zwangsläufig an einen Touristen erinnert, der in Venedig von Sackgasse zu Sackgasse irrt, in der Hoffnung die Rialto-Brücke zu finden. Aber hat Mythic denn überhaupt eine Möglichkeiten größere Änderungen am Spielsystem vorzunehmen?

Community

Normalerweise würde man die zuletzt gestellte Frage sofort mit einem Verweis auf die, dank EA, knappen Mittel vom Tisch wischen, aber das würde in die Kategorie der Binsenweisheiten fallen, weshalb ich die Antwort einmal anders suchen möchte. Seit Patch 1.3.2 wird die Community immer weiter aufgesplittet und der Content abgeflacht – Fragmentierung und Casualisierung sind hier die Stichworte. Dann kam Patch 1.4 und erforderte mit seiner vollständigen Überarbeitung des oRvRs völlig neue Taktiken. Das Ergebnis war, dass viele Spieler die neue Spielweise schnell zu hassen lernten und viele bis heute nicht genau wissen, wie sie damit umgehen sollen. Gleichzeitig zerbricht Gilde nach Gilde und eine nicht mehr ignorierbare Zahl an Spielern sieht keinen Sinn mehr darin, überhaupt einer Gemeinschaft mit Regeln und Pflichten beizutreten. Sucht man im Chat nach Kriegstruppsmitgliedern und fordert dabei gleichzeitig auch zur Nutzung von Teamspeak 3 auf, so erhält man heutzutage weniger Rückmeldungen denn je. Allenfalls bei der Gründung eines offenen Kriegstrupps ohne größere Kommunikation liegt die Erfolgsquote noch in einem vertretbaren Rahmen. Ein nicht zu verachtender Teil der Community will einfach nur frei sein und sich nicht binden – ein Paradoxon mit weitreichenden folgen. Auf der einen Seite macht man es mit so einer Haltung natürlich unmöglich größere Spieländerungen zu implementieren, weil sie von den Nutzern einfach nicht verstanden werden. Gleichzeitig führt die „Wird's heute nichts, dann eben morgen!“-Mentalität zu einer Abwärtsspirale, welche die anfangs angesprochene Karotte obsolet macht. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass viele langjährige Spieler nur wegen ihres sozialen Umfelds in einem Spiel bleiben, je kleiner dieses wird, desto schneller verschwinden sie. Einer der Gründe warum die „offene Gruppen“-Funktion und die öffentlichen Quests vor Release so hochgepriesen wurden war, dass Spieler damit schneller Kontakt zu anderen aufbauen und so eher in die „Falle“ eines engmaschigen sozialen Netzes tappen – theoretisch – in der Praxis ist genau das Gegenteil der Fall. Die Illusion von Freiheit als solche schafft sich irgendwann selbst ab und formt eine neue Realität. Ich will als Entwickler eine kompakte Community die sich das Spiel gegenseitig beibringt und durch ihren engen Zusammenhalt Schutz gegen die Verlockungen der Konkurrenz bietet – der Stein des Abstieges war meiner Meinung nach die Bestrafung größerer organisierter Gilden, weil nur über diese eine möglichst große Spielerschaft erreicht werden kann. Zu meiner eigenen Verteidigung sei natürlich der Verweis auf Platons berühmten Ausspruch „Ich weiß, dass ich nichts weiß!“ als Salvatorische Klausel gegeben, um hier nicht all zu Großväterlich da zu stehen.

Ego für das Volk!

Was aber ist die Lehre aus all diesen Ausführungen? Wenn WAR in seiner Nische auch in Zukunft weiterexistieren soll, dann müssen echte Alleinstellungsmerkmale geschaffen, die Kernspielerschaft gestärkt und die strategische Ausrichtung und deren öffentliche Darstellung überdacht werden. Der Versuch die eierlegende Wollmilchsau zu schaffen ist nachhaltig gescheitert – das wissen wir alle schon lange – aber der Fokus auf „schnelle Action“ wird auf kurz oder lang von anderen Spielen und Genres bedient werden. Mit keiner Faser kommt WAR an die Tiefe eines Dark Age of Camelots heran und die Hoffnung, es würde sich alles schon irgendwie richten ist wie der Versuch ein Gewitter aufzuhalten, indem man sich unter einen schattigen Sonnenschirm mit Metallverstrebung setzt. Die Spieler müssen sehen was passiert und sie dürfen nicht länger als Testobjekte missbraucht werden, die geduldig eine Pille nach der anderen schlucken dürfen. Eine ehrliche Kommunikation ist gut und wichtig, aber wenn sie zu dem Eindruck führt, dass die eigenen Entwickler nicht mehr an sich selbst glauben, dann ist sie irgendwann nur noch zur ehrlichen Erkenntnis über den eigenen klinischen Tod zu etwas nutze. Mythic braucht dringend mehr Selbstvertrauen in sich, nur so kann ich als WAR-Spieler weiterhin gutem Gewissens an diesem Spiel festhalten und nur so kann ich zu meinen Freunden gehen und diese von dem großartigen „Geheimtipp“ überzeugen. Solange wir mangels eines echten Egos vor einem Fast Food Snack namens MOBA-Game zittern müssen, kann es keine gute Nachbarschaft geben.